1945: Fremde bringen Krankheiten

Zwei Frauen und zwei Männer transportieren einen Tisch und andere Utensilien auf einem Handwagen entlang der Ostseite des Neuen Rathauses. Foto: Deutsche Fotothek

Der zweite Weltkrieg ist verloren. Millionen Deutsche fliehen nach Westen. Dort sind sie alles anderer als willkommen. Als dreckig, asozial und verlogen werden sie bezeichnet. Krankheiten würden sie mitbringen, klauen und schlimmeres. Fake News gegen Fremde – heutzutage wieder aktuell. 

Menschen auf der Flucht vor der roten Armee. Ein kleiner Handwagen, ein Rucksack und ein Holzkoffer sind häufig der einzige Besitz der Flüchtenden und Vertriebenen. Hunger, Kälte und Krankheiten begleiten ihre wochen- und monatelange Flucht. Viele Familien werden auseinandergerissen und sind auf der Suche nach ihren Angehörigen. Das Leid der Menschen ist für viele von uns, die in Frieden und Sicherheit aufgewachsen sind, unvorstellbar.

Flucht und Vertreibung

Etwa zwölf Millionen Deutsche suchen eine neue Heimat. In Schleswig-Holstein stieg die Bevölkerung von rund 1,6 Mio. 1939 auf 2,6 Mio. 1946 an. In Mecklenburg-Vorpommern wuchs die Bevölkerung um 44 Prozent. 1950 leben 8 Millionen Geflüchtete in der Bundesrepublik und 4 Millionen in der DDR. Die alliierten Militärregierungen bringen Geflüchtete und Vertriebene in Lagern, Notquartieren oder bei Privatfamilien unter. 

Doch willkommen sind sie nicht. 

Stattdessen war es weitverbreitete Praxis, die Neuankömmlinge auszugrenzen und zu beschimpfen. "Flüchtlingsschweine", "Flüchtlingspack", "Gesochse" waren nur einige der Bezeichnungen. Eltern verboten ihren Kindern mit den „Anderen“ zu spielen: "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern". 

Auch offene Anfeindungen waren nichts neues "In de Nordsee mit dat Schiet". Die ostdeutschen Flüchtlinge galten den Einheimischen häufig als "Habenichtse", dreckig, asozial und verlogen, die nur irgendwelche Ammenmärchen von angeblich verlorenen Rittergütern oder Ähnlichem auftischen würden.

Parallelen zu heute 

Damals war das Leben auf dem Land noch begrenzter. Man kam selten aus seinem Dorf heraus. Auf dem Land gab es häufig noch mehr oder weniger intakte soziale Gemeinschaften, eine Reise in die nächste Großstadt war oft eine einmalige Erfahrung. In dieses System kamen Fremde mit ihrem unbekannten Dialekt, ihren ungewohnten Bräuchen und ihrer zum Teil fremden Konfession. Protestanten aus Ostpreußen waren dem damaligen katholischen Bayern ebenso fremd wie muslimische Syrer heutzutage so manchem Deutschen.

Die Schuldfrage 

Gerade im Osten hatten die Nazis und ihre Helfer unvorstellbare Verbrechen begangen und Millionen Menschen deportiert und ermordet. Nun schlug das Leid, auf einen Teil der Deutschen mit enormer Härte zurück. Der Aufbau im Westen und die antifaschistische Ideologie im Osten versuchten die Erinnerungen daran zu glätten.

Nachträglich hieß es später oft in der Bundesrepublik, man habe nach dem Krieg zusammengestanden und gemeinsam den Aufbau geschafft. Erst spät wurde dieser Teil aufgearbeitet. Abgeschlossen ist der Prozess aber noch lange nicht.

Quellen