1919: Ein Schwulenfilm in den Kinos? Aufruhr droht!

Conrad Veidt und Fritz Schultz. Foto: Archivio GBB Contrasto/laif

Die Gesellschaft ist in Gefahr. Eine kurze Lücke in der damaligen Filmzensur nutzte der Regisseur Richard Oswalds für seine Liebestragödie "Anders als die Andern". Ein Film über die Liebe zweier Männer. Für die damalige Zeit ein gewagter Streifen. Und Grund für moralische Sittenwächter, den Verfall von Anstand und Moral an die Wand zu malen.

Aus der heutigen Zeit besehen, war der Film eigentlich ein harmloser Streifen. Allerdings mit einer politischen Botschaft. Der Film erzählt die Geschichte des Geigenvirtuosen Paul Körner, der sich in den jungen Nachwuchsmusiker Kurt Sivers verliebt.

Körner wird von einem intriganten Gegenspieler denunziert und schließlich wegen Verstoßes gegen den §175 verurteilt – sein gesellschaftlicher Ruin. Verzweifelt begeht Körner Suizid. Die Streichung des §175 ist dann auch das Ziel der Macher – Schwule Liebe war verboten, die Entdeckung führte zu Zuchthaus und gesellschaftlicher Ächtung.

Die "unmoralische Anstalt"

Tugendwächter schürten die Angst, das Kino könnte als unmoralische Anstalt die deutsche Jugend verderben. Ähnliche Streifen wie "Die Prostitution" würden dafür sorgen, dass unschuldige Mädchen sich selber prostituieren oder sich noch an Ort und Stelle unbekannten Liebhabern hingeben. Die Argumente haben sich seitdem nicht verändert. Auch heute noch glaubt ein Teil der Bevölkerung daran. 100 Jahre reichen einfach nicht, um Vorurteile und Fake News auszulöschen.

Das Lichtspielgesetz vom 12. Mai 1920 beendete die kurze Zeit der Freiheit. Jeder Film musste von amtlichen Prüfstellen zugelassen werden. Filme wie "Die Prostitution" oder "Anders als die Andern" wurden verboten, ihre Kopien teilweise zerstört. 1972 sendete der WDR Rosa von Braunheims Film „"Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt", mit den gleichen Folgen wie 50 Jahre vorher. Endgültig gestrichen wurde der §175 erst im Jahre 1994.

Quellen