Fahrräder verursachen mehr Feinstaub als ein Dieselmotor? Wie aus einem Interviews eines Experten ein Fake wird.
Der AFD Kreisverband Karlsruhe nimmt die Vorlage dankend auf: Unter der Überschrift "1 Fahrrad produziert 10 mal so viel Feinstaub als 1 moderner Dieselmotor" wird gegen Fahrverbote und den "Stickoxid-Wahnsinn" polemisiert. Auf WhatsApp und Facebook wird diese Aussage weiterverbreitet. Stimmt sie denn?
Thomas Koch ist Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). In einem Interview auf der Seite der Helmholz Gesellschaft versucht er, die Hintergründe der aktuellen Stickoxiddebatte aufzuklären. Am Ende des Interviews kommt folgender Absatz:
Feinstaub ist ein ganz anderes Thema. Beim modernen Diesel gibt es kein Feinstaubproblem mehr. Das Thema ist durch. Ein Fahrrad hat typischerweise einen Felgenverschleiß von 0,1 Millimeter auf 1000 Kilometer: Beim Bremsen entweichen Metalloxide in die Umgebung. Das sind auf einen Kilometer umgerechnet drei bis vier Milligramm. Der Partikelausstoß aus dem Auspuff eines Diesels liegt bei 0,2 bis 0,5 Milligramm. Auch wenn die öffentliche Wahrnehmung eine andere ist: Wir haben bei vielen Betriebszuständen eine niedrigere Partikelkonzentration im Abgas als in der Umgebungsluft einer Stadt.
Die Realität sieht anders aus
Als Ingenieur weiß auch Herr Koch es sicherlich besser. Im Optimalzustand im Labor ist ein Diesel tatsächlich relativ sauber. In der Realität sieht die Sache, wie wir alle wissen, anders aus. Und auch die Mär von der sauberen Luft aus dem Auspuff ist eine schon lange widerlegte Behauptung der Autoindustrie. Oder wer würde freiwillig seine Nase an einen Auspuff halten?
Als Wissenschaftler sollte sich ein anerkannter Professor nicht zu solchen Aussagen hinreißen lassen. Trotzdem sind die erwähnten Zitate aus dem Zusammenhang gerissen. Herr Koch wollte sicherlich nicht behaupten, dass das Fahrrad schmutziger ist, als das Auto. Insgesamt ein sehr schönes Beispiel dafür, wie Fakes entstehen und von einigen Menschen verbreitet werden.
Was Tun?
Wenn Sie auf diesen Fake treffen, nutzen Sie die Triple-A Methode:
Stickoxide und Feinstaub werden von allen Experten als gesundheitsgefährdend eingestuft. Ich habe Verständnis, dass Maßnahmen zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung aus Widerstand treffen. Aber wir sollten uns an die Fakten halten. Wer in der Stadt lebt und 24 Stunden am Tag den Belastungen ausgesetzt ist, der hat ein Problem. Wie dieses zu lösen ist, darüber darf man streiten. Nur das es gelöst werden muss, daran sollte kein Zweifel bestehen.
Quellen